Alle für die schwangeren Frauen vorgesehenen Gesundheitsschutzbestimmungen sind auch für die stillenden Frauen gültig (siehe In Erwartung des Kindes – Gesundheitsschutz – Verbotene Arbeiten).
Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber hat schwangeren und stillenden Frauen gegenüber gewisse Verpflichtungen (Art. 35 ArG):
- Er hat sie so zu beschäftigen, dass ihre Gesundheit und die Gesundheit des Kindes nicht beeinträchtigt werden.
- Er muss die Arbeitsbedingungen entsprechend gestalten.
Beschäftigung und Abwesenheiten
- Schwangere und stillende Frauen dürfen nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden (Art. 35a Abs. 1 ArG).
- Schwangere dürfen auf blosse Anzeige hin von der Arbeit fernbleiben oder die Arbeit verlassen (Art. 35a Abs. 2 ArG). Die Absenz gilt als Arbeitszeit, aber das Arbeitsgesetz sieht für diese Fälle keine Lohnfortzahlungspflicht vor.
- Stillende Mütter sind auf ihr Verlangen von Arbeiten, die für sie beschwerlich sind, oder solchen, die aufgrund einer Risikobeurteilung als gefährlich gelten, zu befreien (Art. 64 Abs. 1 ArGV 1).
Ihnen muss ein gleichwertiger oder ungefährlicher Arbeitsplatz angeboten werden. Falls dies nicht möglich ist, haben stillende Mütter Anspruch auf eine Freistellung von ihrer Arbeit und 80 Prozent ihres Lohns (Art. 62 und Art. 64 ArGV 1).
Arbeitsbefreiung bei längerem Stillen
Während des ersten Lebensjahren des Kindes kann eine stillende Mutter eine Arbeitsbefreiung verlangen. Das Gesetz sieht für diesen Fall keine Lohnfortzahlung vor. Vorbehalten sind Ansprüche, sie sich aus dem Vertragsrecht oder aus einer sinngemässen Anwendung einer Bestimmung des öffentlichen Rechts ergeben.
Wenn die Abwesenheit der Arbeitnehmerin aus medizinischen Gründen gerechtfertigt ist, dann könnte sie als unverschuldete Arbeitsverhinderung betrachtet werden. In diesem Fall bestünde Anspruch auf Lohnfortzahlung gemäss Art. 324a OR, Vertrag und Gesamtarbeitsvertrag.
Die Stillpausen während der Arbeit sind bezahlt (Details siehe weiter unten).
Angemessene Räumlichkeiten
Eine stillende Mutter muss sich unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können (im Unternehmen muss ein geeigneter Ruheraum eingerichtet werden, Art. 34 ArGV 3).
Nacht- oder Schichtarbeit, hohes Arbeitstempo
Nacht- oder Schichtarbeit ist Frauen sowohl für den Zeitraum bis acht Wochen vor der Niederkunft wie auch für die ganze Stillperiode verboten,
- wenn es sich um gefährliche und beschwerliche Arbeiten (siehe unter Untersagten Arbeiten). Zur Erinnerung: falls die Arbeitnehmerin sich nicht über einen ausreichenden Impfschutz ausweisen kann z. B für Tuberkulose, muss der Arbeitgeber ihr während des ersten Stilljahres eine gleichwertige Ersatzarbeit anbieten oder − falls dies nicht möglich ist − die Auszahlung des Lohns (80%, inkl. angemessene Vergütung für ausfallenden Naturallohn) während der Dauer des Arbeitsverbots. Falls die Arbeitnehmerin länger stillen will, wird sie nicht länger entlöhnt.
- um Akkordarbeit (Art. 15 Mutterschutzverordnung) oder
- um Schichtarbeit mit besonders gesundheitsbelastenden Schichtsystemen wie die der regelmässigen Rückwärtsrotation (was zu einer Kürzung der Ruhezeit führt, z.B. 00.00 Uhr bis 8.00 Uhr; 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr; 20.00 Uhr bis 4.00 Uhr) oder solche mit mehr als drei aufeinander folgenden Nachtschichten handelt (Art. 14 Mutterschutzverordnung).
Stillen ist Arbeitszeit – Zeit zum Stillen
Stillenden Müttern ist die erforderliche Zeit zum Stillen innerhalb oder ausserhalb des Betriebs freizugeben, da dieser Unterschied keine Bedeutung mehr hat (Art. 35 a Abs. 2 ArG). Gemäss dem zweiten Satz von Art. 35a Abs. 2 ArG ist stillenden Müttern die erforderliche Zeit zum Stillen freizugeben. Diese Bestimmung bedeutet aus arbeitsvertraglicher Sicht, dass die Arbeitnehmerin von ihrer Pflicht zur Arbeitsleistung befreit wird.
Das Gesetz hält als Grundsatz fest, dass Mütter das Recht haben, ihre Kinder am Arbeitsplatz zu stillen. Der Arbeitgeber muss ihnen im ersten Lebensjahr des Kindes die dafür erforderliche Zeit gewähren. In der Praxis gehen die Arbeitsmediziner/innen davon aus, dass eine Frau ungefähr zwei Stunden pro Arbeitstag zum Stillen braucht.
Seit dem 1. Juni 2014 wird die Zeit, die eine Frau fürs Stillen während der Arbeit benötigt, in Abhängigkeit von der täglichen Arbeitszeit wie folgt entlöhnt:
- mindestens 30 Minuten pro Tag bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Studen
- mindestens 60 Minuten pro Tag bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden
- mindestens 90 Minuten pro Tag bei einer täglichen Arbeitszeit
Die Zeit zum Abpumpen der Milch gilt als Arbeitszeit.