Das Gleichstellungsgesetz bezweckt die Förderung der tatsächlichen Gleichstellung zwischen Mann und Frau in der Arbeitswelt (Art. 1 GlG).
Es handelt sich daher um ein übergreifendes Gesetz von allgemeiner Tragweite, das hier zur Anwendung kommt (Art. 2 GlG):
- Das Gesetz gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einem Arbeitsvertrag nach Obligationenrecht unterstellt sind (Baugewerbe, Dienstleistungssektor, Verkehr etc. …; Saisonniers, Asylbewerber/innen, Grenzgänger/innen, Aufenthalter/innen mit Ausweis B, Aufenthalter/innen mit Ausweis C etc. …; Lehrlinge, Handelsreisende, im Personalverleih etc. …), ob sie einem Gesamtarbeitsvertrag oder einem Normalarbeitsvertrag unterstellt sind oder nicht.
- Das Gesetz gilt auch für alle öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse in Bund, Kantonen und Gemeinden (ständige und nichtständige Angestellte oder Angestellte im Probeverhältnis etc.) sowie für spezielle Beamtenverhältnisse (Professoren oder Assistenten der ETH, die Mitglieder ausserparlamentarischer Kommissionen sowie persönliche Mitarbeiter/innen der Departementchefs, Postangestellte oder privatrechtlich angestellte Personen).
- Es gilt für Frauen und Männer.
Einschränkung des Anwendungsbereichs
Einige Bestimmungen betreffen die diskriminierende oder Rachekündigung (vgl. Das Kind ist geboren – Zurück am Arbeitsplatz – Diskriminierende Kündigung) ebenso wie das Vorgehen bei einer Diskriminierung bei der Einstellung und verschiedene Zivilverfahrensregeln, die ausschliesslich den Privatsektor betreffen. Öffentlich-rechtliche Personalvorschriften enthalten meistens besondere Bestimmungen und sehen unterschiedliche Organe vor.
Ausdrückliches Diskriminierungsverbot
Das Gleichstellungsgesetz verbietet ausdrücklich die Diskriminierung von Arbeitnehmerinnen unter Berufung auf deren Schwangerschaft. Arbeitnehmerinnen dürfen nicht anders behandelt werden, weil sie schwanger sind (Art. 3 Abs. 2 GlG).
Der Arbeitgeber ist auch nicht berechtigt, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin unterschiedlich zu behandeln, wenn letztere kleine Kinder hat, die sie stillt. Das gleiche gilt, wenn sie in einer speziellen, mit der Schwangerschaft und der Geburt in Zusammenhang stehenden Situation lebt, obschon die letzteren Fälle im Gesetz nicht erwähnt werden (Art. 3 Abs. 1 GlG).
Beispiel: Wenn eine Arbeitnehmerin nach dem Mutterschaftsurlaub ihre Arbeit wieder aufnimmt, darf ihr Arbeitgeber sie nicht auf einen weniger interessanten oder weniger gut bezahlten Posten versetzen.
Beispiel: Ein Arbeitgeber darf einer Arbeitnehmerin nicht keine Weiterbildung zugestehen, weil sie bereits einen Mutterschaftsurlaub bezogen hat.
Beschäftigungsverbot
- Gemäss Arbeitsgesetz dürfen Wöchnerinnen während acht Wochen nach der Niederkunft nicht.
- Zwischen der 8. und der 16. Woche nach der Niederkunft können sie nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden. (Art. 35 a Abs. 3 ArG).
In der Praxis betreffen diese Bestimmungen eine Frau, die den 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub bezieht, nur in der Zeit von der 14. bis 16. Woche.
Da sie während dieser zwei Wochen nicht zur Arbeit verpflichtet ist, kann sie nach Ablauf des 14-wöchigen Mutterschaftsurlaubs entscheiden, ob sie ihre Arbeit wieder aufnehmen oder den Urlaub um zwei Wochen verlängern will. In dieser Zeitspanne hat sie kein Anrecht auf Lohnfortzahlung, ausser die beiden Parteien hätten dies vereinbart. Anders ist es, wenn die Frau zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig ist und dies durch ein Arztzeugnis belegt wird. In diesem Fall hat sie gemäss Art. 324a OR Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Kündigungsschutz
Eine Frau, die nach dem Mutterschaftsurlaub entlassen wird, kann Opfer einer diskriminierenden Kündigung sein. Einige Arbeitgeber zögern denn auch tatsächlich nicht, eine Arbeitnehmerin nach Ablauf der 16-wöchigen Schutzfrist zu entlassen, weil sie befürchten, ihre neuen Familienpflichten könnten ihre Präsenz am Arbeitsplatz beeinträchtigen.
In diesem Fall ist die Kündigung diskriminierend, weil sie nicht auf objektiven Erwägungen wie etwa der Qualität der Arbeit oder auf wirtschaftlichen Überlegungen beruht, sondern einzig mit dem Status als Frau zu tun hat (z.B.: Urteil des Appellationshofs des Arbeitsgerichts Genf vom 13.3.2010 auf leg.ch). Eine diskriminierende Kündigung ist eine missbräuchliche Kündigung (Art. 3 GlG, der auf Art. 336 OR verweist). Die Arbeitnehmerin hat zwar die Möglichkeit, diese anzufechten, aber sie kann nicht ihre Aufhebung fordern. Das bedeutet, dass sie nicht verlangen kann, vom Arbeitgeber wieder eingestellt zu werden. Ihre Stelle ist also verloren! Hingegen kann sie einen Anspruch auf Entschädigung geltend machen. Wenn es sich um ein öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis handelt, kann die Kündigung angefochten werden und der Arbeitgeber kann verpflichtet werden, die Kündigung zurückzuziehen.
Um den Arbeitgeber von möglichen Repressalien abzuhalten, wenn die Arbeitnehmerin ihre Rechte geltend macht, hat das Gesetz Bestimmungen erlassen, die eine Rachekündigung verbieten. Das Gleichstellungsgesetz regelt diese beiden Arten von Kündigung. Eine Unterscheidung ist jedoch nicht immer einfach.
Beispiel: Eine Frau, die während der Stillzeit von besonderen Schutzbestimmungen profitiert, erhält ihre Kündigung nach der 16-wöchigen Schutzfrist. Ist dies nun eine diskriminierende oder eine Rachekündigung? Wenn es Streitigkeiten über die Schutzbestimmungen gegeben hat, dann handelt es sich um eine Rachekündigung. Wenn nicht, um eine diskriminierende Kündigung. Diese Unterscheidung ist relevant, weil eine Rachekündigung annulliert werden kann, während eine diskriminierende Kündigung gültig bleibt, aber Anspruch auf eine Entschädigung gibt.
A. Diskriminierende Kündigung
Wer eine Entschädigung geltend machen will, muss gegen die diskriminierende Kündigung seines Arbeitgebers schriftlich Einsprache erheben, und zwar spätestens bis zum Ende der Kündigungsfrist (Art. 9 GlG mit Hinweis auf Art. 336b OR).
Beispiel : Als Teilzeitangestellte erhält Frau Y die Kündigung und stellt fest, dass sämtlichen Teilzeitangestellten, d.h. vorwiegend Frauen und insbesondere den älteren unter ihnen, ebenfalls gekündigt worden ist.
Es handelt sich um eine indirekte Diskriminierung: Das Kriterium für die Kündigung ist die Teilzeitarbeit und nicht das Geschlecht. In Wirklichkeit sind jedoch nur die Frauen betroffen. Deshalb ist die gegen Frau Y und ihre Kolleginnen ausgesprochene Kündigung sehr wohl diskriminierend.
Erleichterung der Beweislast
Eine bestehende Diskriminierung wird angenommen, wenn die betroffene Person dies aufgrund von Indizien glaubhaft machen kann (Art. 6 GlG).
Die Beweiserbringung ist erleichtert. Die Arbeitnehmerin kann zwar nicht einfach bestätigen, dass eine Diskriminierung vorhanden ist, aber sie muss auch keine konkreten Beweise vorbringen können. Es genügt, wenn der Richter über genügend objektive Indizien verfügt, die eine Diskriminierung als wahrscheinlich erscheinen lassen (BGE 130 III 145). Trotz dieser Erleichterung der Beweislast kann der Ausgang eines Verfahrens aber ungewiss bleiben.
Entschädigung
Wenn die Einsprache gültig ist, kann die gekündigte Arbeitnehmerin Anspruch auf eine Entschädigung geltend machen. Die beiden Parteien können sich auch freiwillig auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einigen, wobei das Gesetz sie nicht dazu zwingen kann.
Eine solche Entschädigung entspricht nicht einem Lohn. Das bedeutet, dass von einer gewährten Entschädigungssumme keine Sozialabzüge erhoben werden dürfen. Eine Entschädigung ist sowohl eine Strafe (und damit abschreckend) als auch eine Wiedergutmachung und wird der Arbeitnehmerin zugesprochen, auch wenn sie keinen finanziellen Schaden erlitten hat (z.B. wenn sie sofort wieder eine Stelle zu gleichen Lohnbedingungen gefunden hat und somit keine Lohneinbusse hinnehmen muss).
Die Entschädigung wird auf der Grundlage des Lohns der gekündigten Person und unter Würdigung aller Umstände bemessen. Das Gesetz sieht einen Höchstbetrag von 6 Monats-löhnen vor (Art. 5 Abs. 2 und 4 in fine GlG).
Die Arbeitnehmerin kann zudem zusätzlich einen Schadenersatz für tatsächlich erlittenen Schaden sowie allenfalls eine Genugtuung verlangen (Art. 5 Abs. 5 GlG) oder weitergehende vertragliche Ansprüche geltend machen.
Verfahren
Die Arbeitnehmerin muss innerhalb der Kündigungsfrist schriftlich Einsprache erheben. Wird nicht innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Klage anhängig gemacht, ist der Rechtsanspruch verwirkt (Hinweis in Art. 9 GlG auf Art. 336b Abs. 2 OR). Im Weiteren gelten die einheitlichen Verfahrenbestimmungen, die im nachfolgenden Abschnitt über die Rachekündigung im Einzelnen beschrieben sind.
B. Die Rachekündigung (oder Vergeltungskündigung)
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber aus Rache ist unter bestimmten Voraussetzungen anfechtbar (Art. 10 Abs. 1 GlG). Wenn die Kündigung durch ein Gericht für ungültig erklärt wird, so wird sie rückwirkend aufgehoben. Damit befinden sich die beiden Parteien wieder in der gleichen Situation wie vor der Kündigung. Um ihren Lohn zu erhalten, muss die Arbeitnehmerin ihrem Arbeitgeber anbieten, ihre Arbeit wieder aufzunehmen.
Eine Rachekündigung besteht, wenn:
- kein begründeter Anlass für eine Kündigung gegeben ist (z.B. Nichteinhalten von Anweisungen des Arbeitgebers, schwerwiegende Fehler etc.)
- die Kündigung nach einer innerbetrieblichen Beschwerde der Arbeitnehmerin an einen Vorgesetzten oder eine andere zuständige Stelle des Unternehmens oder
- die Kündigung nach einer Anrufung der Schlichtungsstelle oder nach Erhebung einer Klage erfolgte.